Die Bürger sollen davon profitieren

Geplanter Bürgerwindpark in Gerichtstetten Im ersten Quartal 2018 sollen vier Anlagen ans Netz gehen / FN-Gespräch mit Harald Schmieg

Die Bürger sollen davon profitieren

  1. Juni 2017 – Hardheim | Autor: Adrian Brosch

Während man in Bretzingen noch Standort- und Naturschutzfragen diskutiert, ist man mit dem geplanten neuen Bürgerwindpark in Gerichtstetten schon deutlich weiter vorangekommen.

Gerichtstetten. Die Ereignisse von Fukushima im März 2011 veränderten vieles, vor allem das gesellschaftliche Denken über erneuerbare Energien. Die „Energiewende“ wurde zum geflügelten Ausdruck und beinhaltet unter anderem die Stromerzeugung per Windkraft. Ein Thema, das in Gerichtstetten über den Bürgerwindpark intensiv verfolgt wird.

„Landauf, landab wurde Bürgerbeteiligung zugesichert, aber nie umgesetzt“, erklärt Landwirtschaftsmeister Harald Schmieg, der im Hohenstädter Grund neben seinem eigenen Hof auch die Firma EKS Solartechnik führt. Sein Konzept hebt sich davon ab: „Nicht nur die Kommune, sondern auch Gerichtstetten und dadurch letzten Endes die Bürger sollen davon profitieren und damit der Energiewende mit einer anderen Wertschätzung und Akzeptanz begegnen“, betont er im FN-Gespräch.

Der eigentliche Ansatz war für ihn „der Umstand, dass viele nicht wissen, wem welche Windkraftanlagen gehören und wer sie betreibt“. Dadurch werde eine künstliche Distanz aufgebaut, die letzten Endes auch eher zu abneigenden Haltungen der Anwohner führe.

„Als sich die Errichtung eines Windparks auf Gerichtstettener Gemarkung abzuzeichnen begann, „fühlte ich mich mit meiner Intention eigentlich persönlich angesprochen“, schildert Harald Schmieg.

Vor rund zwei Jahren präsentierte er erstmals seine Pläne und vertrat bereits von Anfang an die Maxime, den Hardheimer Ortsteil als zentrale Schnittstelle des Bürgerwindparks einzusetzen. Gemeinsam mit Ulrike Ludewig (Fortwengel-Holding GmbH, Sögel/Niedersachsen) gründete er die Betreibergesellschaft „Windenergie Gerichtstetten GmbH & Co. KG“ mit dem Ziel, insgesamt sechs Windkraftanlagen im Wald zwischen Gerichtstetten und Eubigheim zu erbauen.

Nach anfänglich positiven Reaktionen erzeugten die im Februar erfolgten Rodungsarbeiten auf einer Gesamtfläche von 4,5 Hektar parallel zur Landstraße 514 im buchstäblichen Sinne einigen „Gegenwind“, auf den Schmieg gegenüber den Fränkischen Nachrichten zu sprechen kommt: „Da die Aufforstung nicht in Gerichtstetten geplant war und in Ahorn sowie Hardheim hätte stattfinden sollen, mehrten sich durchaus kritische Stimmen.“

Zwischenzeitlich jedoch habe man im Ortschaftsrat eine einvernehmliche Lösung finden können. Vorgesehen ist etwa die Aufforstung von 3,2 Hektar unmittelbar nach dem Aufbau der ersten Anlagen, während eine weitere Fläche von 2,8 Hektar an anderen Stellen aufgeforstet werde.

„Weiterhin wird ein gemeindeeigenes, ein Hektar großes Teilstück auf der unweit von Neidelsbach liegenden Gemarkung ‚Gänsberg‘ aufgeforstet, wodurch uns unterm Strich sogar mehr Waldfläche zur Verfügung stehen wird als bisher“, freut sich Schmieg.

Nicht zuletzt werden rund um die Windkrafträder die meisten gerodeten Flächen wieder zurückgebaut: „Im Sinne einer temporären Waldumwandlung ist das in fünf Jahren wieder ein ‚richtiger‘, dichter Wald, während man direkt um die Räder schnellwachsendes Gehölz wie beispielsweise Pappeln anzupflanzen gedenkt“, erklärt er. Das bringe den Vorteil mit sich, bei nötigen größeren Wartungs- und Reparaturarbeiten ohne externe Genehmigungen Fällarbeiten durchführen zu können.

Aus demselbem Grund wird es ab der L 514 ein Netz gut ausgebauter Anfahrtswege geben: „Das ist gerade dann sinnvoll, wenn ein großer Lastwagen die Anlagen anfahren muss, was frühestens in der Bauphase eintritt“, so Schmieg.

Von den sechs ursprünglich geplanten Anlagen stammen vier vom deutschen Hersteller „Enercon“. Sie sind jeweils rund 230 Meter hoch und leisten 4,2 Megawatt, um damit 8,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr zu erzeugen.

Zwei weitere Windräder hätten in ihrer ursprünglichen Höhe in eine Tiefflugzone geragt, was schnelles Handeln erforderte: „Wir müssen eine Änderungsgenehmigung beantragen und kleinere Anlagen mit jeweils 212 Metern Gesamthöhe aufstellen“, erläuterte Harald Schmieg und verwies auf eine – noch ausstehende – Genehmigung des Bundesverteidigungsministeriums. „Das sollte jedoch letzten Endes keine Hürde sein“, zeigt er sich optimistisch.

Diese Anlagen sollen mit einer Nennleistung von 3,2 Megawatt insgesamt sieben Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr produzieren.

Noch keine Anteile verkauft

Anteile wurden noch nicht verkauft: „Aktuell erstellen wir einen Verkaufsprospekt“, erklärt Schmieg. „Frühestens im Herbst“ werden erste Bürgerbeteiligungen angeboten, „wobei sich prinzipiell jeder beteiligen kann“.

Nach derzeitigem Sachstand werden die ersten vier Anlagen des Bürgerwindparks im ersten Quartal 2018 ans Netz gehen, wie Schmieg abschließend bekanntgibt: „Um den Mutterboden abtragen zu können, werden dieser Tage die Wurzelstöcke gezogen, ehe am 15. Juli die Fundamentarbeiten beginnen“, sagt er.

Für die Zukunft erhofft er sich „einerseits wirtschaftlichen Erfolg und andererseits die Akzeptanz der Gesellschaft: „Denn sie kann nur dann ein Erfolg werden, wenn die Bürger mitwirken.“

© Fränkische Nachrichten, Mittwoch, 14.06.2017