Die Vorarbeiten laufen auf Hochtouren

Bau von vier Anlagen geplant – echte Bürgerbeteiligung

Die Vorarbeiten laufen auf Hochtouren

Windpark-Gerichtstetten
Die Fundamente für die 230 Meter hohen Anlagen haben einen Durchmesser von 23 Metern und sind 3,50 Meter hoch. Alle Fotos: Rüdiger Busch

Gerichtstetten. (rüb) Der Baufortschritt ist unübersehbar, ebenso die Dimensionen der notwendigen Erd- und Materialbewegungen: Der „Bürgerwindpark Gerichtstetten“ nimmt Fahrt auf. Nachdem an drei der zunächst vier Windkraftstandorte die Vorarbeiten inzwischen abgeschlossen sind, können in Kürze die Fundamente gegossen werden. Der Windpark, der im Jahr so viel Strom liefern soll, wie mehr als 10.000 Haushalte verbrauchen, soll im ersten Quartal 2018 ans Netz gehen.

Im Juli hatten die Erdarbeiten begonnen. Anschließend wurde an den einzelnen Standorten Kalk aufgebracht und die Flächen anschließend geschottert – insgesamt 24.000 Tonnen Schotter waren hierfür nötig. Auch die Kabeltrassen wurden bereits bzw. werden derzeit ausgehoben. In der vergangenen Woche fanden statische Plattendruckversuche statt, mit denen die Festigkeit und die Verdichtung des Schotters im Fundament überprüft wird. Durch den vielen Regen der letzten Tage muss der Untergrund nachverdichtet werden. „Wir liegen dadurch etwa ein bis zwei Wochen hinter dem Zeitplan“, berichtet Harald Schmieg. Problematisch sei diese Verzögerung aber nicht. An zwei der vier Standorte stehen bereits Kräne. Mit ihnen werden – als nächster Schritt – die Schalung und die Eisenstäbe für die Armierung des Fundamentes eingehoben. pro Fundament werden 110 Tonnen Eisen verbaut.

Dann ist alles vorbereitet, dass die vier Anlagen des deutschen Herstellers Enercon vom Typ E-141 EP4 errichtet werden können. Die E-141 EP4 ist nach Herstellerangaben momentan die weltweit ertragsstärkste Anlage der Windklasse III. Vor kurzem erst hat das Unternehmen die erste Anlage des neuen Bautyps in Betrieb genommen. Der Prototyp der neuen Schwachwindanlage wurde in Coppanz (Thüringen) auf einem Hybridturm mit 129 Meter Nabenhöhe errichtet. Die Türme in Gerichtstetten werden 159 Meter hoch und kommen damit auf eine Gesamthöhe von rund 230 Meter. Sie werden eine Leistung von 4,2 Megawatt (MW) aufweisen. 8,5 Millionen Kilowattstunden Strom soll ein Rad pro Jahr erzeugen und damit so viel Energie erzeugen wie in 850.000 Litern Diesel steckten

Neben der vier Anlagen, für die aktuell die Vorarbeiten stattfinden, sollen noch zwei weitere errichtet werden. Die werden allerdings kleiner ausfallen, da sie andernfalls in eine militärische Tiefflugzone ragen würden. Deshalb wird nun eine so genannte Änderungsgenehmigung angestrebt. Diese beiden Windräder (Typ E 126) werden nur 212 Meter hoch. Bei einer Leistung von 3,2 MW kommen sie auf eine Jahresstromproduktion von knapp 7 Millionen Kilowattstunden. Die Rodungsarbeiten für diese beiden Standorte sind – sollte die Genehmigung wie erwartet erteilt werden – für den Herbst geplant. Auch diese beiden Anlagen könnten dann 2018 in Betrieb genommen werden.

„Unser Grundgedanke war immer, einen Windpark für die Region zu bauen“, sagt Schmieg. Denn wer die negativen Folgen eines solchen Projekts wie die Eingriffe in die Natur oder die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes tragen muss, der sollte auch davon profitieren, so die Philosophie der Initiatoren. Und am „Bürgerwindpark Gerichtstetten“ könnten die Menschen in der Region gleich mehrfach profitieren: durch eine direkte finanzielle Beteiligung und durch die Pachtzahlungen an die Gemeinde.

Schon bei der ersten Vorstellung der Pläne vor mehr als zwei Jahren stand das Ziel, die Wertschöpfung weitgehend vor Ort zu belassen, für die Verantwortlichen ganz oben. Harald Schmieg, der im Hohenstädter Grund einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaft und die Firma EKS Solartechnik GmbH leitet, hat mit Ulrike Ludewig von der Fortwengel Holding GmbH (Sögel, Niedersachsen) eine Expertin an der Seite, die über langjährige Erfahrung in der Verwirklichung von Windkraftprojekten verfügt. Gemeinsam wurde die Windenergie Gerichtstetten GmbH und Co. KG aus der Taufe gehoben.

Derzeit wird das Beteiligungsprojekt erstellt, das anschließend von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geprüft wird. Ab Ende des Jahres soll dann die Bürgerbeteiligung möglich sein.

© Rhein-Neckar-Zeitung, Samstag, 12.08.2017