Geplante Windparks erregen die Gemüter

Gemeinderatsitzung in Hardheim: Bürgerfrageviertelstunde Hauptthema des Abends / Kritische Anmerkungen zu den Standorten Gerichtstetten und Bretzingen

Geplante Windparks erregen die Gemüter

Windpark-Gerichtstetten
Für den neuen Bürgerwindpark südlich von Gerichtstetten wurden 4,5 Hektar Wald gerodet (Bild). Die Ausgleichsmaßnahmen stehen in der Kritik. BILD: WOLFGANG WENIGER

Mit einer geballten Ladungkritischer Fragen sah sich Bürgermeister Rohmin der Gemeinderatsitzung am Montag konfrontiert. Und das gleich von zwei Seiten. Das Thema? Natürlich Windkraft.

HARDHEIM/BRETZINGEN/GERICHTSTETTEN. Heftiger Wind blies Verwaltung und Gemeinderäten sinnbildlich ins Gesicht. Als ob sie sich abgesprochen hätten, meldeten sich sowohl Gegner des Windkraftstandortes „Kornberg/Dreimärker“ aus Bretzingen als auch Kritiker der drastischen Abholzungen in Gerichtstetten mit ähnlichen Fragen zum jeweiligen Standort zu Wort. Ihnen gemeinsam war das Unverständnis dafür, dass viele Sachverhalte nicht öffentlich behandelt und beschlossen werden, obwohl sie eigentlich von allgemeinem Interesse sind und die Bürger vor Ort bewegen. Bestes Beispiel war die Vorortbegehung des Gemeinderates nach der Waldrodung in Gerichtstetten, zu der keine Außenstehenden zugelassen waren. Informationen gab es wiederum nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

So versuchten Bürger aus den oberen Erftalgemeinden in der Bürgerfrageviertelstunde am Montag ihr Glück, um einiges mehr zu erfahren. Aber die zunächst angesprochenen Gemeinderäte durften laut Gemeindeordnung von Baden-Württemberg (Paragraf 33) und laut der Geschäftsordnung des Hardheimer Gemeinderates (Paragraf 27,2c) nicht antworten. Nur der Vorsitzende, also der Bürgermeister. Und dieser hielt sich mit Detailangaben sehr zurück. Alles in allem waren die Zuhörer nach der Sitzung nicht viel schlauer als vorher.

„Tränen in den Augen“
„Jedem, dem etwas an der Natur liegt, standen die Tränen in den Augen, als er sah, wie viel Wald in Gerichtstetten abgeholzt worden ist“, eröffnete Heinz Eckert aus Gerichtstetten die Bürgerfrageviertelstunde. 4,5 Hektar Wald müssten wieder aufgeforstet werden. Die Frage, wo dies geschieht (bisher ist geplant in Hardheim, Bretzingen und Neidelsbach/ Ahorn), bewege die Bürger, so Eckert. „Viele Gerichtstettener verstehen nicht, dass nicht ein Ausgleich auf ihrer Gemarkung geschaffen wird.“
In Neidelsbach sei beispielsweise ein privater Acker von 1,3 Hektar für die Umwandlung in Wald vorgesehen. „Wo ein künftiger Betreiber von Windkraftanlagen den geforderten Ausgleich schafft, ist dessen Sache“, betonte Bürgermeister Volker Rohm. Dass die Gemeinde nicht einen im Bereich der Gemarkungsgrenze zu Neidelsbach gelegenen, gemeindeeigenen Acker für die Aufforstung zur Verfügung stelle, habe zwei Gründe: „Es wäre eine komplett neue Waldbeforstung, die auch nicht von den Hardheimer Förstern betreut würde. Denn der benachbarte Wald liegt nicht auf Hardheimer Gemarkung.“
Der Ortschaftsrat, so Rohm weiter, sei schon darüber informiert, dass auch in Gerichtstetten ein Ausgleich vollzogen werden könne, falls der Ortsteil dies wünsche. Und zwar zum Beispiel im Ausgleich zum geplanten Neubaugebiet in Hardheim. „Damit wird die Waldfläche in Gerichtstetten nicht weniger“, argumentierte der Bürgermeister. Allerdings müsse dann der Ortschaftsrat auf die Gemeinde zugehen. An dem geplanten Ausgleich für die Windkraftstandorte in Gerichtstetten sei jedoch nichts mehr zu ändern.

Landwirte nicht zum Feind machen
Man wolle sich auch die Landwirte nicht zum Feind machen, indem zu dem Waldverlust durch die Windkraftstandorte auch noch ein Verlust an Ackerflächen hinzukomme, erklärte Rohm vor allem den anwesenden Jägern aus Gerichtstetten. „Die Landwirte kämpfen derzeit um jedes Ar Ackerland“, war Volker Rohm überzeugt.
Aber in Gerichtstetten gebe es 1100 Hektar Ackerfläche und 33 Hektar Wald, hielt Heinz Eckert dem entgegen. Da könne er nicht verstehen, dass der Waldausgleich nicht in Gerichtstetten geschaffen werde. „Kein Landwirt geht wegen der zwei Hektar Ackerland kaputt“, pflichtete Ralf Benz vom Buchwaldhof bei.. Die Gemeinde wähle vielmehr für sich den leichtesten Weg.

Thema Waldweginstandsetzung
Wolfgang Weniger aus Gerichtstetten sprach die bereits sehr in Mitleidenschaft gezogenen Waldwege an und wollte wissen, ob diese später wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzt werden. „Wege, die vom Betreiber der Windkraftanlagen genutzt werden, werden auch wieder instandgesetzt“, erklärte der Bürgermeister.
„Eigentlich soll die Nähe vom nächstgelegenen Windrad zu meinem Hof 900 Meter betragen. Aber ich komme nicht mal ganz auf 750 Meter Abstand“, mokierte sich Ralf Benz. „Ich gehe davon aus, dass vom Landratsamt im Rahmen des Verfahrens nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetzes sehr genau nachgemessen worden ist“, antwortete Rohm. „Aber wir überprüfen das noch mal.“
Auf eine weitere Frage hin teilte der Rathauschef mit, dass im Moment noch nicht feststehe, auf welchen Wegen die Teile für den neuen Windpark in Gerichtstetten angeliefert werden.
Ralf Benz wollte auch wissen, wie es sich verhält, wenn infolge der Waldrodung Wasser auf benachbarten Ackerflächen stehenbleibt und nicht versickert und damit die Flächen nicht zu bewirtschaften seien. Bürgermeister Rohm konnte dazu keine Aussage machen. Er könne nur zusagen, dass die abgeholzten Flächen schnellstmöglich wieder rekultiviert werden, damit sie ihrer Funktion als Wasserspeicher wieder nachkommen können.
„Und wo kommt der Erdaushub von den Windkraftstandorten hin?“, fragte Ralf Benz weiter. „Der Oberboden soll abgeschoben und zumindest ein Teil davon später wieder zurückgebracht werden“, meinte Rohm. „Aber das ist Sache des Betreibers.“

Standort „Kornberg/Dreimärker“
Albrecht Reichert aus Bretzingen thematisierte hernach den geplanten Windpark „Kornberg/Dreimärker“. „Stimmt es, dass im Flächennutzungsplan keine Höhenbegrenzung für die Windräder aufgenommen worden ist?“, wollte er wissen. Nein, das stimme nicht, betonte Bürgermeister Rohm. „Der Gemeinderat hat eine Höhenbegrenzung festgelegt.“

„Für Bretzingen nichts spruchreif“
Auch für Reichert war die Wegeinstandsetzung – jetzt im Falle Bretzingens – ein Thema. „Jeder Weg, der benutzt wurde, wird vom Betreiber wieder in den Zustand versetzt, in dem er vorgefunden wurde“, beteuerte Rohm noch einmal.
Mit der Zeag als Betreiber des geplanten Windparks bei Bretzingen seien allerdings noch keine Verträge in dieser Richtung abgeschlossen worden, weil die Standorte der Windräder auf dem Kornberg noch nicht genau feststünden und erst noch im Detail definiert werden müssten. „Für Bretzingen ist noch gar nichts spruchreif.“
Ein Teil der Rodungsflächen soll nach Aussage des Bürgermeisters mit schnellwachsenden Baumarten/ Sonderkulturen „in Bestockung“ gebracht werden, um nicht ein Jagdgebiet für Rotmilane zu provozieren. „Daneben werden standortgerechte Baumarten angepflanzt.“

© Fränkische Nachrichten, Mittwoch, 29.03.2017