Hardheim: Kritik an Rodungen für Windpark Gerichtstetten

FN 29.03.2017   Der Gegenwind weht weiter kräftig – Auch die Frage, wo aufgeforstet werden soll, enthält Zündstoff.

Hardheim: Kritik an Rodungen für Windpark Gerichtstetten

Windpark-Gerichtstetten
Rund 4,5 Hektar Wald mussten für die ersten vier Windräder des Windparks Gerichtstetten gerodet werden. Foto: Rüdiger Busch

Hardheim. Die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung war am Montag ungewohnt kurz – Konfliktpotenzial war keines zu erkennen. Und doch wurde es kurzzeitig emotional, was – einmal mehr – am Thema „Windkraft“ lag. In der Bürgerfrageviertelstunde nutzten Bürger aus Gerichtstetten und Bretzingen die Gelegenheit, Fragen zu den beiden dortigen Windparkprojekten zu stellen.

Die Rodungsarbeiten für die ersten vier Anlagen des Windparks Gerichtstetten liegen zwar schon einige Wochen zurück, doch das Thema beschäftigt die Menschen nach wie vor, wie sich am Montag zeigte. „Jedem, dem etwas am Wald liegt, dem müssen bei diesem Anblick die Tränen kommen“, sagte beispielsweise Heinz Eckert. Daran lasse sich nun aber nichts mehr ändern. Anders sehe es beim Thema Aufforstung aus: Die drei Hektar Fläche sollten dort aufgeforstet werden, wo man den Schaden habe, sprich: in Gerichtstetten – nicht in Hardheim oder Neidelsbach.

Als Aufforstungsfläche sei ein in Gemeindebesitz befindlicher Acker auf Gemarkung Gerichtstetten geeignet, sagte Eckert, der zudem direkt an ein Waldgebiet angrenze. Dem widersprach Bürgermeister Volker Rohm: Generell sei es die Sache des Betreibers, wo er Ausgleichsflächen schaffe. Konkret auf die angesprochene Ackerfläche eingehend, sagte Rohm, dass er der Landwirtschaft keine Fläche wegnehmen wolle, zumal die Landwirte derzeit um jeden Quadratmeter kämpfen würden.

„Kein Landwirt geht an zwei Hektar zugrunde“, entgegnete Stefan Hock und bezeichnete den eingeschlagenen Weg als „nicht richtig“. „Wenn Gerichtstetten eine schnelle Aufforstung auf seiner Gemarkung wünscht, dann könnten dies geschehen, indem Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen in anderen Ortsteilen in Gerichstetten geschaffen werden“, schlug der Bürgermeister vor. Darüber könne der Ortschaftsrat in seiner Sitzung am Mittwoch befinden. An dem laufenden Projekt könne man aber nichts mehr ändern.

Nach der Instandsetzung der Zufahrtswege erkundigte sich Wolfgang Weniger. Wege, die vom Betreiber beschädigt werden, müssten auch von ihm wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden, antwortete Rohm.

„Mir wurden bislang immer 900 Meter als Abstand zwischen dem nahesten Windrad und meinem Hof genannt“, sagte Ralf Benz vom Buchwaldhof. Beim Nachmesse sei er jetzt aber nur auf 750 Meter gekommen. Bürgermeister Rohm sicherte eine Überprüfung zu: Er gehe davon aus, dass das Landratsamt bei der Genehmigung genau nachgemessen habe. Ein Blick auf die der RNZ zur Verfügung stehenden Karten hat gestern ergeben, dass der Abstand wohl bei rund 800 Metern liegen dürfte.

Außerdem kritisierte Benz, dass durch die Abholzungen die Funktion des Waldes als Wasserspeicher eingeschränkt würde, und er wollte wissen, wohin beim Bau der Anlagen der Erdaushub kommen werde. Auch dies sei Sache des Betreibers, antwortete der Bürgermeister.

Albrecht Reichert fragte nach, ob im Flächennutzungsplan für den Windpark „Kornberg“ keine Höhenbegrenzung festgelegt worden sei. Eine solch Begrenzung sei vom Gemeinderat beschlossen worden, sagte Volker Rohm. Wie die RNZ bereits im Oktober berichtete hatte, fehlt die Höhenbegrenzung auf 210 Meter zwar im Flächennutzungsplan. Im Protokoll der Verbandsversammlung soll sie aber vermerkt sein.

Wie in Gerichtstetten müsse der Betreiber auch am Kornberg für die Instandsetzung der Wege sorgen, antwortete Rohm auf die nächste Frage Reicherts. Es gebe aber noch keine entsprechenden Verträge mit der ZEAG, da die Standorte noch nicht feststehen: „Für Bretzingen ist noch nichts spruchreif“, so der Bürgermeister.

Die letzte Frage Reicherts bezog sich auf Aufforstung von Teilflächen direkt nach dem Bau von Windkraftanlagen, die zum Beispiel für den Kran oder die Anlieferung benötigt werden. „Weshalb werden hier keine waldtypischen Pflanzen verwendet?“ Um dort – in direkter Nähe zu den Anlagen – kein Jagdrevier für den Rotmilan zu schaffen und diesen damit vor möglichen Kollisionen mit den Windrädern zu schützen, setze man auf schnell wachsende Pflanzen wie etwa Weiden, sagte der Bürgermeister.

Im Anschluss an die Sitzung wurden außerdem zwei weitere Fragen in den Raum gestellt, die Bürgermeister Rohm gestern Nachmittag der RNZ beantwortete: 1. Ein Teil der 9,3 Hektar großen gemeindeeigenen Ackerfläche wird in der Tat, wie behauptet, von einem Gemeinderatsmitglied bewirtschaftet. Dies habe bei der Entscheidung aber keine Rolle gespielt, versicherte der Bürgermeister. 2. Es existiere kein Gemeinderatsbeschluss, wonach die Aufforstung in Gerichtstetten erfolgen soll. Dazu gebe es nicht einmal eine Empfehlung des Ortschaftsrats.

© Rhein-Neckar-Zeitung, Mittwoch, 29.03.2017