Zeichnungsfrist für Bürgerwindpark hat begonnen

Nächste Woche finden Informationsveranstaltungen und Baustellenbesichtigung statt

Zeichnungsfrist für Bürgerwindpark hat begonnen

Windpark-Gerichtstetten
Der Bürgerwindpark Gerichtstetten wächst in die Höhe: Zwei der vier Anlagen stehen bereits. Nächste Woche finden Infoveranstaltungen zur Bürgerbeteiligung statt. Foto: Rüdiger Busch

Gerichtstetten. (rüb) „Wenn sich die Räder drehen, sollen alle etwas davon haben!“ Schon bei der ersten Vorstellung seines Projekts vor drei Jahren war dies Ideengeber Harald Schmieg besonders wichtig. Denn wer die negativen Folgen eines Windparks wie die Eingriffe in die Natur oder die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes tragen muss, der sollte auch davon profitieren. Mit dieser Philosophie sind der Gerichtstettener Landwirt und Solarunternehmer Schmieg und die Fortwengel Windkraftplanung (Sögel, Niedersachsen) damals angetreten, und diese Philosophie wird nun mit Leben erfüllt: In dieser Woche hat die Zeichnungsfrist für den Bürgerwindpark Gerichtstetten begonnen, nachdem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Verkaufsprospekt gebilligt hat.

Der Windpark soll noch im ersten Halbjahr ans Netz gehen und so viel Strom erzeugen, wie 8600 Haushalte verbrauchen. Zwei der vier Anlagen stehen bereits. Die beiden übrigen werden im Mai und Juni fertiggestellt. Da die vier Anlagen bereits im Dezember 2016 genehmigt wurden, profitiert der Bürgerwindpark 20 Jahre lang von der festgeschriebenen Einspeisevergütung nach dem Erneuerbaren Energiengesetz.

Die Windkraftanlagen des deutschen Herstellers Enercon vom Typ E 141 besitzen eine Nabenhöhe von 159 und einen Rotorradius von 70 Meter, so dass sie auf eine Gesamthöhe von knapp 230 Meter kommen. Sie weisen eine Leistung von 4,2 Megawatt (MW) auf. 8,5 Millionen Kilowattstunden Strom soll ein Rad pro Jahr erzeugen und damit so viel Energie erzeugen wie zum Beispiel in 850.000 Litern Diesel stecken.

„Ich bin von den erneuerbaren Energien überzeugt“, erklärt Harald Schmieg, der mit seiner Firma EKS Solartechnik GmbH seit Jahren Mosaiksteinchen für die Energiewende setzt. Dass die Umsetzung der klimapolitischen Ziele vor Ort nur funktionieren kann, wenn man die Menschen mitnimmt, ist dem 50-Jährigen klar. Von daher war und ist ihm eine größtmögliche Transparenz bei der Umsetzung der Pläne ebenso wichtig wie das Ziel, die Wertschöpfung möglichst in der Region zu halten.

Da alle vier Anlagen im Gemeindewald stehen, wird die Allgemeinheit von den Pachteinnahmen profitieren. Zudem können sich die Bürger auch direkt am Windpark beteiligen – und zwar als Kommanditist. Der 27,1 Millionen Euro teure Windpark wird zu 80 Prozent über Fremdkapital finanziert. Kreditgeber sind die regionalen Volksbanken. Das Eigenkapital in Höhe von 5,5 Millionen Euro (20 Prozent der Investitionssumme) soll vorrangig von Bürgern aus der Region kommen, erläutert Schmieg.

Hierfür wurden drei Berechtigtenkreise gebildet. Vorrang haben die Bürger aus Hardheim und den angrenzenden Gemeinden Höpfingen, Walldürn, Ahorn, Rosenberg und Königheim. Vier Wochen lang, bis 10. Mai, können sie zusammen Anteile im Wert von 3,5 Millionen zeichnen. Harald Schmieg bittet um Verständnis für das relativ enge Zeitfenster: „Dies ist aber nötig, um die Finanzierung des Projekts sicherzustellen.“ Den zweiten Berechtigtenkreis bilden die Energiegenossenschaften der Region. Für sie sind Anteile im Wert von einer Million Euro reserviert. Der gleiche Betrag steht dem dritten Kreis an Berechtigten zur Verfügung: auswärtigen Bürgern.

Durch diese Vorgehensweise soll sichergestellt werden, dass die Menschen, die vom Windpark direkt betroffen sind, finanziell vom Windpark profitieren und sich direkt an der Energiewende beteiligen können. Dabei gilt eine Mindestbeteiligung von 10.000 Euro. Die Höchstgrenze liegt bei 100.000 Euro. Eine Ausnahme gibt es für die Bürger aus den Ortschaften direkt am Windpark (Gerichtstetten, Buch, Neidelsbach, Hohenstadt). Diese können sich schon mit einer Mindestsumme von 5000 Euro beteiligen.

Die Laufzeit der Beteiligung geht über mindestens 20 Jahre. Über diesen Zeitraum wird mit einer durchschnittlichen Verzinsung von gut fünf Prozent pro Jahr kalkuliert, wobei die Erträge in den Anfangsjahren geringer und später höher ausfallen werden, so die Berechnung. Wie bei allen unternehmerischen Tätigkeiten gibt es neben Chancen auch Risiken: Weht der Wind schwächer als angenommen, fallen auch die Erträge geringer aus. Die angenommene Laufzeit von 20 Jahren ist jedoch sehr vorsichtig kalkuliert: Die Anlagen sind für eine Lebensdauer von 30 Jahren zertifiziert.

Informationsveranstaltungen zum Beteiligungsmodell finden am Mittwoch, 18. April, und Donnerstag, 19. April, jeweils um 19.30 Uhr in der Turnhalle in Gerichtstetten statt. Anmeldungen per Mail an [email protected] sind erwünscht.

Baustellenbesichtigung: Darüber hinaus findet am Sonntag, 22. April, um 14 Uhr eine Baustellenbesichtigung statt, an der Mitarbeiter des Herstellers Enercon Fragen zu den Anlagen und zur Technik beantworten. Der Treffpunkt ist ab dem Sportplatz in Gerichtstetten ausgeschildert.

© Rhein-Neckar-Zeitung, Samstag, 14.04.2018